Mit diesen Informationen ist ein Abgleich der präsentierten Objekte mit den Kabinettsbeständen zumindest punktuell möglich, etwa mithilfe des Verzeichnisses von 1912.[26] Beispielsweise sind mit „Horologien“ wahrscheinlich die Kugelsonnenuhren gemeint. In ausstellungsdidaktischer Hinsicht ist auffällig, dass einzelne Exponate die historische Entwicklung[27] von Messinstrumenten demonstrieren sollten: Dies betrifft etwa die durch ein „Newtonsches Spiegelfernrohr, erfunden 1668“[28] und ein „Gregorysches Spiegelfernrohr mit Sonnenblende, erfunden 1663. 17. Jahrh.“ veranschaulichte Fernrohrtechnologie. Analog gilt dies auch für zwei Exponate zur „Entwicklung des Mikroskops“ und für die frühe Bildprojektionstechnik. Aus dem Dreikönigsgymnasium stammte zudem ein Porträt des Jesuiten Athanasius Kircher (1602–1680), des „Erfinder[s] der Zauberlaterne“.[29]
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In der zeitgenössischen Berichterstattung über die Ausstellung spielte das Physikalische Kabinett dennoch keine Rolle.[30] Der identitätspolitische Anspruch der Feierlichkeiten scheint insgesamt die wissenschaftlichen Anteile bei weitem überstrahlt zu haben – auch wenn Cornelia Foerster der Ausstellung einen „ausgeprägten wissenschaftlichen Charakter“ attestiert.[31] Insgesamt wurde als „Glanzpunkt der Ausstellung“ eher die sakrale Kunst gesehen, „die im Rheinland vor allen anderen deutschen Gauen besonders reiche und liebevolle Pflege fand.“[32] In der Forschung zur Ausstellung zeigt sich ein ähnliches Bild. Gunter Quarg gibt jedoch immerhin den Hinweis, dass dort „einige Stücke aus dem physikalischen Kabinett“ ausgestellt worden seien.[33]
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Dennoch ist 1925 durchaus ein wichtiger Kristallisationspunkt in der Sammlungsbiographie des Physikalischen Kabinetts. Nach Quarg war den Zeitgenossen bereits „um 1900“ sein „historischer Wert“ bewusst geworden,[34] wovon auch die erfolglosen Übernahmebemühungen seitens des Deutschen Museums in München von 1915 zeugen. Als einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Musealisierung des Kabinetts nennt Quarg aber explizit auch die Jahrtausendausstellung, denn sie „mag den Wunsch begründet haben, alle diese alten Instrumente unter einem Dach vereinigt zu sehen.“[35] Selbstverständlich ist hierbei eine „deutliche Instrumentalisierung der historischen Forschung und des Ausstellungsgedankens“[36] in Rechnung zu stellen, der sich auch die Kabinett-Exponate als Mosaiksteine unter vielen unterordnen mussten.[37] Damit bleibt auch der Blick der Jahrtausendausstellung auf das Physikalische Kabinett und auf dessen Stellenwert im historischen Sammlungszusammenhang des jesuitischen Erbes insgesamt mehr als fragmentarisch. Aber dass einige Objekte des heterogenen Kabinetts überhaupt Berücksichtigung in der Ausstellung fanden, dokumentiert zweifellos dennoch ihre neu erkannte kulturgeschichtliche Bedeutung. Statt ihrer Nutzung in der Lehre vermochten sie nun kultur-, technik-, und wissenschaftsgeschichtlich Auskunft über ihre Entstehungszeit zu geben. Die 1927 erfolgende Inventarisierung sowie die Leihgabe an das spätere Kölnische Stadtmuseum[38] führten den seit 1925 beschrittenen Weg zur öffentlichen musealen Ausstellung dieser Sammlung weiter fort.
Anmerkungen
[1] Kölnische Volkszeitung und Handelsblatt. Allgemeiner Anzeiger für Rheinland-Westfalen (Kölnische Handels-Zeitung), Nr. 357, 14. Mai 1925, Abend-Ausgabe, S. 4.
[2] Alle Zitate siehe Kölnische Volkszeitung und Handelsblatt, 14. Mai 1925, Abend-Ausgabe, S. 4.
[3] Vgl. Rüdiger Haude, Die „Jahrtausendausstellungen“ in Köln und Aachen 1925, in: Portal Rheinische Geschichte, ohne Datum, URL: http://www.rheinische-geschichte.lvr.de/Epochen-und-Themen/Themen/die-jahrtausendausstellungen-in-koeln-und-aachen-1925/DE-2086/lido/57d1357ad31239.21169195 (01.08.2019).
[4] Haude, Jahrtausendausstellungen (wie Anm. 3). Vgl. dazu auch Kerstin Theis, Die Jahrtausendausstellung der Rheinlande 1925 in Köln, in: Jahrbuch des Kölnischen Geschichtsvereins 78 (2007), S. 187–216, hier: S. 191.
[5] Einen Eindruck vermittelt ein Streifzug in den Bestand mit der Signatur II.149 in der Zeitungsausschnittsammlung (1840–1969) der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln mit einschlägigen Artikeln aus dem Jahr 1925, URL: http://www.ub.uni-koeln.de/cdm/compoundobject/collection/zas/id/47751 (01.08.2019).
[6] Vgl. Haude, Jahrtausendausstellungen (wie Anm. 3) und Cornelia Foerster, Zur Problematik kulturhistorischer Ausstellungen am Rhein. Jahrtausendausstellung Köln 1925, Gesolei Düsseldorf 1926, Stadtjubiläum Düsseldorf 1988, in: Ulrich Schneider (Hrsg.), Festschrift für Gerhard Bott zum 60. Geburtstag, Darmstadt 1987, S. 159–168, hier: S. 160. Vgl. zum gegenseitigen Misstrauen z. B James M. Brophy, 1815 bis 1848 – Vom Wiener Kongress zur Revolution, in: Portal Rheinische Geschichte, ohne Datum, URL: http://rheinische-geschichte.lvr.de/Epochen-und-Themen/Epochen/1815-bis-1848---vom-wiener-kongress-zur-revolution-/DE-2086/lido/57ab241e7d1687.63686537#toc-2 (01.08.2019).
[7] Vgl. Haude, Jahrtausendausstellungen (wie Anm. 3).
[8] Richard August Keller, Der Rhein erinnert sich! Ein Rückblick mit Nutzanwendungen zur Jahrtausendfeier, in: Zeitschrift für Deutschkunde 39 (1925), S. 418–429, hier: S. 419, hier zitiert nach Foerster, Ausstellungen (wie Anm. 6), S. 160, vgl. ebd., S. 167, Anm. 4.
[9] Foerster, Ausstellungen (wie Anm. 6), S. 160.
[10] Vgl. Haude, Jahrtausendausstellungen (wie Anm. 3).
[11] Vgl. Haude, Jahrtausendausstellungen (wie Anm. 3).
[12] Vgl. Haude, Jahrtausendausstellungen (wie Anm. 3).
[13] Haude, Jahrtausendausstellungen (wie Anm. 3).
[14] Kölnische Volkszeitung und Handelsblatt. Allgemeiner Anzeiger für Rheinland-Westfalen (Kölnische Handels-Zeitung), Nr. 200, 16. März 1925, Abend-Ausgabe, S. 1. Vgl. Digitalisat in der Zeitungsausschnittsammlung (1840–1969) der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln, Signatur II.149,150, URL: http://www.ub.uni-koeln.de/cdm/compoundobject/collection/zas/id/47751 (01.08.2019).
[15] Theis, Jahrtausendausstellung (wie Anm. 4), S. 212.
[16] Vgl. Theis, Jahrtausendausstellung (wie Anm. 4), S. 189f.
[17] Wilhelm Ewald / Bruno Kuske (Hrsg.), Katalog der Jahrtausendausstellung der Rheinlande in Köln, 2. erg. Ausg., Köln 1925, S. V.
[18] Vgl. Theis, Jahrtausendausstellung (wie Anm. 4), S. 196.
[19] Vgl. Theis, Jahrtausendausstellung (wie Anm. 4), S. 189f.
[20] Ewald / Kuske, Katalog (wie Anm. 17), S. V.
[21] Ewald / Kuske, Katalog (wie Anm. 17), S. 100–103.
[22] Ewald / Kuske, Katalog (wie Anm. 17), S. 103.
[23] Wilhelm Ewald / Bruno Kuske (Hrsg.), Führer durch die Jahrtausendausstellung der Rheinlande in Köln, Köln 1925, S. 148.
[24] Aus dem Historischen Museum wurden zum Beispiel die Vopelius-Globen ausgestellt.
[25] Alle Zitate finden sich bei: Ewald / Kuske, Katalog (wie Anm. 17), S. 370–373.
[26] Vgl. auch Gunter Quarg, Naturkunde und Naturwissenschaften an der alten Kölner Universität (Studien zur Geschichte der Universität zu Köln 14), Köln u. a. 1996, S. 127 und 131.
[27] Vgl. Theis, Jahrtausendausstellung (wie Anm. 4), S. 199, die die „kultur- und entwicklungsgeschichtliche Perspektive im Verbund mit einer Leistungsschau“ in der Ausstellung betont.
[28] Vgl. dazu Quarg, Naturkunde (wie Anm. 26), S. 131, welcher der Aufstellung von 1912 (vgl. Verzeichnis, 1912. In: Historisches Archiv der Stadt Köln, Best. 560 (Dreikönigsgymnasium), A 651 (Reparaturen und Neuanschaffungen für die physikalische Sammlung und das chemische Labor. – Geplante Abgabe von historischen Apparaten an das Deutsche Museum in München), fol. 31–34.) weitere Kontextinformationen über dieses „Telescopium Neutonianum Anglicanum“ entnommen hat: „Dieses Fernrohr wurde 1744 angeschafft und ist im Inventar von 1912 näher charakterisiert als Newtonsches Spiegelteleskop von 12 Zoll Länge, mit 2 Okularen und Sucher, auf Stativ.“ Herv. im Original.
[29] Alle Zitate finden sich bei: Ewald / Kuske, Katalog (wie Anm. 17), S. 370–373.
[30] Auch wenn ein Artikel des Jesuiten Bernhard Duhr (ohne Bezugnahme auf 1925) im Folgejahr den „Anteil der Jesuiten an der rheinischen Kultur“ ausführlich würdigte: Vgl. Im Schritt der Zeit. Sonntagsbeilage der Kölnischen Volkszeitung, Beilage zu Nr. 339, 9. Mai 1926, S. 2–4. Fortsetzungen erschienen in derselben Beilage am 16. Mai 1926, S. 3f., am 23. Mai 1926, S. 2 und am 30. Mai, S. 3f. Vgl. Digitalisat (des ersten Teils) in der Zeitungsausschnittsammlung (1840–1969) der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln, Signatur II.150,234–235., URL: http://www.ub.uni-koeln.de/cdm/compoundobject/collection/zas/id/48171 (01.08.2019).
[31] Foerster, Ausstellungen (wie Anm. 6), S. 159. „Die Ausstellung verstand sich als kulturhistorisch-wissenschaftlich und aufklärend […].“ Ebd.
[32] Kölnische Volkszeitung und Handelsblatt. Allgemeiner Anzeiger für Rheinland-Westfalen (Kölnische Handels-Zeitung), Nr. 200, 16. März 1925, Abend-Ausgabe, S. 1. Vgl. Digitalisat in der Zeitungsausschnittsammlung (1840–1969) der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln, Signatur II.149,150, URL: http://www.ub.uni-koeln.de/cdm/compoundobject/collection/zas/id/48171 (01.08.2019).
[33] Gunter Quarg, Die Sammlungen des Kölner Jesuitenkollegiums nach der Aufhebung des Ordens 1773, in: Jahrbuch des Kölnischen Geschichtsvereins 62 (1991), S. 153–173, hier: S. 161 und wortgleich in Quarg, Naturkunde (wie Anm. 26), S. 127.
[34] Gunter Quarg, Naturwissenschaftliche Sammlungen in Köln, in: Hiltrud Kier / Frank-Günter Zehnder (Hrsg.), Lust und Verlust. Kölner Sammler zwischen Trikolore und Preußenadler, Köln 1995, S. 315–321, hier: S. 316.
[35] Quarg, Sammlungen (wie Anm. 33), S. 161 und wortgleich in Ders., Naturkunde (wie Anm. 26), S. 127.
[36] Foerster, Ausstellungen (wie Anm. 6), S. 160.
[37] Vgl. Haude, Jahrtausendausstellungen (wie Anm. 3). Der Gesamtaussage der Ausstellung zuwiderlaufende Tendenzen wurden vom hegemonialen Diskurs öffentlichkeitswirksam „ausgeblendet oder umgedeutet“. Ebd.
[38] Vgl. Quarg, Sammlungen (wie Anm. 33), S. 161 und wortgleich in Ders., Naturkunde (wie Anm. 26), S. 127.