1.3 Unterricht am Gymnasium Tricoronatum: Experiment und Empirie
Henrike Stein
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Nach der Einrichtung des Physikalischen Kabinetts im Jahr 1702 konnte am Gymnasium Tricoronatum der praktische naturwissenschaftliche Unterricht neu organisiert und strukturiert werden.
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In diesem Kontext erfolgte auch eine stetige Erweiterung der naturwissenschaftlichen Sammlung um spezielle Apparaturen und Materialien. Der Ausbau erfolgte durch Kauf, Schenkung, Stiftung oder auch durch eigene Fertigung seitens der Lehrer und ebenso der Schüler.
Magnetisches GesellschaftsspielKölnisches Stadtmuseum | Bildnachweis: Rheinisches Bildarchiv Köln, rba_mf083973
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Im Jahr 1729 wurde ein Observatorium auf dem Dach des Kollegs errichtet, das durch den Sammlungsraum zu erreichen war. Hier konnten astronomische Beobachtungen und Messungen durchgeführt werden, für die Teleskope zur Verfügung standen. In der Sternwarte befanden sich ab 1744 ein modernes und größeres Newton-Teleskop und zwei Pendeluhren.
Schaubild des SonnensystemsBildnachweis: HAStK, Best. 7010 (Handschriften (Wallraf)), 306, Bd. I, fol. 68r.
ArmillarsphäreBildnachweis: HAStK, Best. 7004 (Handschriften (GB quart)), 157, fol. 49v.
Zeichnung zur Vermessung des BayenturmsBildnachweis: HAStK, Best. 7004 (Handschriften (GB quart)), 157, fol. 33v.
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Neben dem Observatorium entstanden im 18. Jahrhundert weitere naturwissenschaftliche Einrichtungen. Dazu gehörten eine eigene mathematisch-physikalische Bibliothek, in der spezifische Fachbücher für die naturwissenschaftliche Lehre aufgestellt wurden, ein chemisches Laboratorium und eine kleine Apotheke.
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Über die Bedeutung der Mathematik und Physik am Jesuitenkolleg schrieb der letzte Leiter des jesuitischen Gymnasium Tricoronatum, Heinrich Frings, 1774: „Was die Mathematik angehet […] haben die Patres der vormaligen Gesellschaft [gemeint sind die Jesuiten, Anm. d. Verf.] nebst einem Observatorium, ein mit allen wesentlichen dazu gehörigen Instrumenten wohl versehenes Musaeum von unerdenklichen Jahren her sammt einem guten Vorrathe an ältern sowohl als neuern Mathematischen Büchern mit vielen Kosten errichtet. Nun ist die Mathematik im Gymnasio Tricoronato privative, das ist, in keinen andern Schulen, noch von jemandem in der Universität gelehrt worden. Damit aber die Naturlehre auf eine begreifliche und gründliche Art der studirenden Jugend möge beygebracht werden, sind die Physikalischen Instrumenten allerdings unentbehrlich. Die Patres haben sich die Mühe gegeben, einen ansehnlichen Vorrath davon, sammt den dazu erfoderlichen [sic!] besten Autoren anzuschaffen. Man wird kein Physikalisch Fach anweisen, wozu nicht die gehörigen wesentliche Instrumenten, um damit die Probe über die Lehrsätze zu machen, mögen vorgezeiget werden. [...] Hingegen haben die Collegia der H. Montaner und Laurentianer gar nichts von dergleichen Physikalischen Maschinen.“
Anmerkungen
Empfohlene Zitierweise
Henrike Stein, Unterricht am Gymnasium Tricoronatum: Experiment und Empirie, aus: Gudrun Gersmann (Hrsg.), Das Physikalische Kabinett – Von der jesuitischen Lehrsammlung zum kulturellen Erbe (DOI: https://dx.doi.org/10.18716/map/00004), in: mapublishing, 2019 (Datum des letzten Besuchs).