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Als dritter Raum wird das Laboratorium genannt, in dem sich verschiedene Öfen und weitere Instrumentenschränke befanden. Zusätzlich führt Linzenich eine separate Mechanikerwerkstatt und zwei Globenpaare[8] auf. Zu Letzteren gehören der Erd- und Himmelsglobus des Venezianers Vincenzo Coronelli (1650–1718), die in der Bibliothek aufgestellt waren. Neben der Verwendung als Demonstrationsobjekte im Unterricht der Geographie und Astronomie galten die Globen auch als repräsentative Sehenswürdigkeiten, die Besuchern und Reisenden präsentiert wurden.[9] Außerdem erwähnt Linzenich, dass sich im Gang vor dem Physikalischen Kabinett mehr als 30 Schautafeln für den Mathematik- und Physikunterricht befunden hätten, deren Anbringung bereits durch seinen Vorgänger Professor Heinrich Frings veranlasst worden war. Diese hatte Linzenich nach eigenen Angaben mit hohem persönlichen Arbeitseinsatz fertiggestellt und um weitere Tafeln ergänzt. Er fügte dem Inventar zudem an, dass er Teile seines eigenen Vermögens in die Anschaffung von Instrumenten investiert habe, und ersuchte den zukünftigen Leiter des Physikalischen Kabinetts um eine finanzielle Begleichung. Seine Bitte richtete sich wohl an die Stadt Köln, die neue Verwalterin des Gymnasiums.[10]
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Ob Johannes Linzenich eine Rückzahlung für seine Erwerbungen erhalten hat, ist nicht bekannt. Das Physikalische Kabinett wurde jedoch in den Jahren der städtischen Leitung weiterhin nachweislich in der Lehre genutzt. Im Jahr 1786 wurde an der Kölner Universität eine Studienreform erlassen, die vor allem durch äußeren Druck der benachbarten, 1786 vom Kurfürst erhobenen Universität in Bonn angestoßen wurde.[11] Die Kölner Reformbestrebungen hatten sich insbesondere in der Medizinischen Fakultät formiert. Ferdinand Franz Wallraf, Professor für Botanik und Naturgeschichte, setzte in seinem Unterricht selbst Lehrobjekte aus seiner eigenen Sammlung ein. Er forderte in seiner nicht erhaltenen Denkschrift für eine mögliche Studienreform zum Beispiel unter anderem eine Stärkung der Fächer Mathematik und (Experimental-)Physik[12] und knüpfte damit an die jesuitische Lehrpraxis des Gymnasium Tricoronatum an.[13] Eine umfassende Reform der Universität blieb 1786 allerdings aus, obwohl partiell Neuerungen erreicht werden konnten.[14] Der Professor für Mathematik am Marzellengymnasium und Leiter des Physikalischen Kabinetts, Jacob Heyder (1745–1798), führte zum Beispiel in einer Vorlesung drei Mal pro Woche Experimente vor. Diesen Kurs konnten nicht nur Studierende des Marzellengymnasiums besuchen, sondern auch Studierende der anderen Kölner Gymnasien. Somit wurden die Instrumente des Physikalischen Kabinetts durch die städtische Übernahme einem erweiterten Kreis zugänglich gemacht. Diese übergreifende Veranstaltung der Philosophischen Fakultät, zu der die Gymnasien gehörten, wurde bis zum Ende der alten Kölner Universität im Jahr 1798 angeboten.[15] Im Vergleich zur konservativen Lehre der alten Universität[16] und den anderen Gymnasien hatten die Jesuiten im Bereich der Naturwissenschaften bereits seit Mitte des 17. Jahrhunderts mit der experimentellen und empirischen Ausrichtung gewissermaßen moderne Standards gesetzt.[17] Die Bedeutung des Physikalischen Kabinetts für den naturwissenschaftlichen Unterricht am Gymnasium Tricoronatum und dessen Folgeinstitutionen wie dem Marzellengymnasium muss vor diesem Hintergrund ausdrücklich betont werden.[18]
Anmerkungen
[1] Vgl. Markus Friedrich, Die Jesuiten. Aufstieg, Niedergang, Neubeginn, München / Berlin 2016, S. 524–546.
[2] Gutachten des Regens Heinrich Frings über die Notwendigkeit, das Gymnasium Tricoronatum nach Aufhebung des Jesuitenordens zu erhalten, 1774. In: Historisches Archiv der Stadt Köln, Best. 150 (Universität), A 1000 (Gutachten), fol. 1r–7v.
[3] Gutachten des Regens Heinrich Frings über die Notwendigkeit, das Gymnasium Tricoronatum nach Aufhebung des Jesuitenordens zu erhalten, 1774. In: HAStK, Best. 150, A 1000, fol. 1r–7v.
[4] Vgl. Jeffrey Chipps Smith, The Jesuit Artistic Diaspora in Germany after 1773, in: Robert A. Maryks / Jonathan Wright (Hrsg.), Jesuit Survival and Restoration. A Global History, 1773–1900, Leiden 2015, S. 129–147, hier: S. 144–147.
[5] Vgl. Chipps Smith, Jesuit Artistic Diaspora (wie Anm. 4), S. 145; Gunter Quarg, Die Sammlungen des Kölner Jesuitenkollegiums nach der Aufhebung des Ordens 1773, in: Jahrbuch des Kölnischen Geschichtsvereins 62 (1991), S. 153–173, hier: S. 155–157. Quarg berichtet, dass der Verbleib der graphischen Sammlung zunächst unklar gewesen sei, da man einige Jahre abgewartet und dann sogar den Verkauf in Betracht gezogen habe. Letztlich sei jedoch die Besonderheit der Graphiken erkannt und der Verkauf gestoppt worden.
[6] Das gedruckte und überwiegend übersetzte Inventar bei Quarg, Sammlungen (wie Anm. 5), S. 165–173. Teilweise wurden eigene Übersetzungen ergänzt. Siehe darüber hinaus: Gunter Quarg, Naturkunde und Naturwissenschaften an der alten Kölner Universität (Studien zur Geschichte der Universität zu Köln 14), Köln u. a. 1996, S. 124; Christoph Bellot, Für Auge und Verstand. Grafische Sammlung und physikalisches Kabinett des ehemaligen Kölner Jesuitenkollegs, in: Kölner Gymnasial- und Stiftungsfonds (Hrsg.), Bildung stiften, Köln 2000, S. 120–147, hier: S. 145–147.
[7] Vgl. Quarg, Sammlungen (wie Anm. 5), S. 165–173.
[8] Möglicherweise sind im Jahr 1700 zwei Globenpaare Vincenzo Coronellis von Kurfürst Johann Wilhelm von der Pfalz (1658–1716) nach Köln verschenkt worden. Darüber herrscht in der Forschung Uneinigkeit: Christian Kramp, Discours prononcé au Temple Decadaire à la Fête de la fondation de la République, le premier Vendémiaire de 1'An VIII; lequel a précédé la distribution des prix décernés aux Elèves de l'Université de Cologne organisée en École Centrale, Köln 1799, S. 8f., Erich Kuphal, Der Beginn des Bensberger Schloßbaues, in: Jahrbuch des Kölnischen Geschichtsvereins 10 (1928), S. 171–174, Joseph Kuckhoff, Die Geschichte des Gymnasium Tricoronatum. Ein Querschnitt durch die Geschichte der Jugenderziehung in Köln vom 15. bis zum 18. Jahrhundert (Veröffentlichungen des Rheinischen Museums in Köln 1), Köln 1931, S. 591 und Quarg, Naturkunde (wie Anm. 6), S. 74f. berichten, dass es zwischenzeitlich vier Globen im Jesuitenkolleg gegeben habe. Das Inventar von 1801 und Erich Meuthen, Kölner Universitätsgeschichte, Bd. 1: Die alte Universität, Köln / Wien 1988, S. 377–379 hingegen nennen nur ein Paar. Hans-Wolfgang Kuhn wiederum gibt an, dass die Frage noch zu beantworten sei, obwohl er die Zugänge anderer Coronelli-Globenpaare in verschiedene nordalpine Städte detailliert schildert. Vgl. Hans-Wolfgang Kuhn, Die Montierung von Coronelli-Globen in Düsseldorf und deren Vertrieb durch Matteo Alberti, in: Düsseldorfer Jahrbuch, 65 (1994), S. 17–48, hier: S. 31–42.
[9] Vgl. Friedrich Albert Klebe, Reise auf dem Rhein durch die Deutschen Staaten von Frankfurt bis zur Grenze der Batavischen Republick und durch die Französischen Departemente, des Donnersbergs, des Rheins und der Mosel und der Roer, im Sommer und Herbst 1800, Bd. 2, Frankfurt 1802, S. 386f.; J. de Blainville, Des Herrn von Blainville ehemaligen Gesandschaftssekretärs der Generalstaaten der vereinigten Niederlange an dem Spanischen Hofe Reisebeschreibung durch Holland, Oberdeutschland und die Schweiz besonders aber durch Italien aus des Verfassers eigener Handschrift in englischer Sprache zum erstenmal zum Druck befördert von Georg Turnbull der Rechten Doktor und Wilhelm Guthrie Ritter nunmehr in das Deutsche übersetzet, erläutert und hin und wieder mit Anmerkungen versehen von Johann Tobias Köhler Orifessir zu Göttingen und Mitglied der Churfürstlich Maynzischen Academie der nützlichen Wissenschaften, Bd. 1, 1, Lemgo 1764, S. 87.
[10] Vgl. Quarg, Sammlungen (wie Anm. 5), S. 165–173. Teilweise wurden eigene Übersetzungen ergänzt.
[11] Vgl. Quarg, Naturkunde (wie Anm. 6), S. 6–18.
[12] Vgl. Gerd Schwerhoff, Köln im Ancien Régime. 1686–1794 (Geschichte der Stadt Köln 7), Köln 2017, S. 308–317.
[13] Vgl. Quarg, Naturkunde (wie Anm. 6), S. 12–18; Gutachten des Regens Heinrich Frings (1718–1780) über die Notwendigkeit, das Gymnasium Tricoronatum nach Aufhebung des Jesuitenordens zu erhalten, 1774. In: Historisches Archiv der Stadt Köln, Best. 150 (Universität), A 1000 (Gutachten), fol. 1r–7v.
[14] Vgl. Quarg, Naturkunde (wie Anm. 6), S. 6–18 und S. 118–120.
[15] Vgl. Quarg, Naturkunde (wie Anm. 6), S. 118–120.
[16] Vgl. Klaus Pabst, Das Ende der freien Reichsstadt Köln. Gesellschaftliche und bildungspolitische Umbrüche in der Franzosenzeit, in: Kölner Gymnasial- und Stiftungsfonds (Hrsg.), Bildung stiften, Köln 2000, S. 40–57, hier: S. 42–46.
[17] Vgl. Quarg, Naturkunde (wie Anm. 6), S. 15–18.
[18] Vgl. Quarg, Naturkunde (wie Anm. 6), S. 2f.; Schwerhoff, Köln (wie Anm. 12), S. 304–308. Schwerhoff berichtet von Konflikten zwischen dem Gymnasium Tricoronatum und den anderen beiden Gymnasien, die in der Hegemonie des Jesuitenkollegs begründet waren. „Für den Vorrang des Tricoronatum war nicht nur die engere Einbindung der beiden anderen Gymnasien in die städtischen Patronagenetzwerke verantwortlich, sondern auch der seit dem späten 16. Jahrhundert bestehende intellektuelle wie religiöse Führungsanspruch der Jesuiten.“ Ebd., S. 308.